Malura Museum Oberdiessen
Der Maler Maximilian Bernard stellt im Malura Museum seine gleichfalls melodischen wie meditativen Werke aus.
Meine Damen und Herren,
ausgerechnet in einer Kunstsituation, die geprägt ist von der Wiederkehr der Figuration in der Malerei – denken Sie nur an den atemberaubenden Aufstieg von Neo Rauchs Bildern und deren astronomische Preise -, und jetzt noch vom neuen Gusto für das barocke Ornament, verlegt sich Maximilian Bernard auf die Kulti- vierung seiner Art von nicht gegenständlicher Malerei. Muster über Muster, raffiniert farblich abgestimmte Kettenmotive, die auf der Bildfläche leuchtend kräftig auftreten um ab den Rändern matt zu verebben – so stellt uns Maximilian Bernard seine malerische Welt vor. Wir könnten seine Bildsprache erst einmal als unzeitgemäß einstufen, wenn es nicht den Verdacht gäbe, dass sie im Vergleich mit aktueller figürlicher und neobarocker Malerei, die mit der digitalen Wahrnehmung unseres Alltags überhaupt nichts zu tun hat, einzig da Attribut „zeitgemäß“ verdient.
Es lohnt sich also sich in diese farblich und gestalterisch reich variierten Muster zu vertiefen, auch wenn vordergründig nicht sogleich eine Botschaft, ein Gag, eine metaphorischer Bezug entgegenspringt. Vielmehr lassen wir uns beim Betrachten von Maximilian Bernards Malerei auf ein Spiel mit Gedächtnis und Wahrnehmung ein, auf unser aller Vermögen also, in unserem Gedächtnis gespeicherte Farben und Formen durch die Signale dieser Malerei aufzurufen und mit dem zu verbinden was wir real und medial erkennen. In der Anwendung dieser Methode ist Bernard nun in guter Gesellschaft. Denken wir nur an Paul Klee, der in seinem Werk immer wieder mit Musterbildungen experimentiert hat. Nun hat aber speziell für die Art seiner Kunstherstellung Bernard einen Begriff gefunden, der spontan einleuchtet: Matrix New Art. Man braucht nur den brandneuen Katalog durchzublättern, um zu verstehen, dass Matrix ein sehr treffender Ausdruck für eine Gestaltung ist, die wie mit der Matrize hergestellt scheint. Doch sind Bernards Arbeiten nicht mit der Matrize geschaffen, sondern gemalt. Außerdem weist die englische Bezeichnung „Matrix“ darauf hin, dass nicht das mechanische Verfahren einer Matrize, sondern das generative bzw. das generierende einer Matrix im Mittelpunkt seiner Kunstphilosophie steht. Alle diese sich seriell wiederholenden, meist vertikal rhythmischen Staffelungen und Zeichensetzungen funktionieren eben nicht wie Tapetenmuster, sondern eher wie Partituren, Eintragungen also auf einem linearen Grundmuster, das sie mit der ihrer Abfolge in Schwingung versetzen. In zäher Stuioarbeit geschaffen, sind sie doch sehr stark vari-iert, nicht wie Zahlen-, Buchstaben- oder Zeichenreihen etwa bei Roman Opalka, On Kawara oder Hanne Darboven, die alle graphisch-konzeptuell arbeiten. Es ist die Unregelmäßigkeit der Regelmäßigkeit, die händisch hergestellt ist, weder mechanisch noch computergestützt, es ist der von Maximilian Bernard in das Bild hinein komponierte menschliche Fehler, der seinen Matrizes, seinen Werken eine Wärme gibt, die wir in der figurativen Malerei ja suchen und oft nicht finden. Diese menschliche Wärme. die aus seinen Bildern strömt, spricht uns unmittelbar an.
Das Angebot, das von diesen Arbeiten ausgeht, ist es einzusteigen über die diversen Typen der Farb- und Formengestaltung und sie so lange auf sich wirken zu lassen, bis mit dem, der sich auf diese Bilder einlässt, etwas Merkwürdiges geschieht. Es öffnen sich in den Bildern und durch die Bilder Räume und Tiefen, die eigene Asso-zationen, Fantasien und Stimmungen in das Bild einsaugen, sie je nach Charakter des Bildes „einfärben“ und dann wie in einem Verstärker zurückstrahlen lassen. Man könnte auch sagen, dies Matrizes sind Katalysatoren für Öffnungen in neue Farb-raumerfahrungen und Formwahrnehmungen bei voller Transparenz der eigenen Er- fahrungswelten. Natürlich handelt es sich in diesen Kommunikationsakten zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachter um meditative Vorgänge. Das ist schließlich auch erklärte Absicht des Künstlers uns kommt aus dem Fundus einer langjährigen, eben auch beruflichen Erfahrung im Umgang mit den energetischen und den heilenden Kräften in der Natur. Anders aber als bei Meditationen üblicher Art ver-schwindet der Katalysator nicht im Lauf des Meditationsaktes. Das Werk bleibt, es bleibt seine physische Präsenz. Es bleibt das autonome Kunstwerk, auch wenn es in einen nützlichen Vorgang eingebunden wurde.
Der Kunstsammler und Kunstkritiker Franz Joseph van der Grinten hat in seiner ein-fühlsamen Betrachtung des malerischen Werkes von Maximilian Bernard hellsichtig von einem Pulsieren in den Darstellungen dieser Gemälde gesprochen, nachzulesen im bereits erwähnten Katalog. Wenn es einem zeitgenössischen Maler gelingt mit alten, sogar „altmodischen“ Mitteln, wie es ja nun einmal – und man muss sagen zum Glück – die Tafelmalerei uns überbracht hat, der heutigen Zeit und den Menschen von heute solches Pulsieren, solche Schwingungen des Lebendigen und Menschlichen zu vermitteln, in all der Schönheit und Harmonie, die immer noch möglich ist und die die Menschheit letztlich nicht aufhören wird zu suchen, dann hat doch die Kunst weiter eine wichtige Funktion, eine lebenswichtige im Sinn dieses Wortes und muss nicht in die Retro-Kiste greifen.
Ich wünsche der Matrix New Art von Maximilian Bernard eine solche heilsame Zukunft!
Elmar Zorn